Bildungsbereiche
Das BilRess-Wiki gibt einen Überblick zu Ressourceneffizienz und Ressourcenschonung in den Bildungsbereichen Berufsausbildung, Hochschule, Schule und berufliche Weiterbildung. Es wurden aus dem Projekt BilRess zu den einzelnen Bildungsbereichen eine Analyse des IST-Zustandes, Erfahrungen, Wissen und Handlungsempfehlungen zusammengetragen. Das Wiki benennt Bildungsangebote, Projekte, Medien und Materialien und Internetangebote.
Bildungsbereiche
Bildung ist in Deutschland primär eine Angelegenheit der Länder, so dass es vielfältige Ausprägungen in der Bildungslandschaft gibt. Schulbildung beginnt in allen Bundesländern in der Grundschule bzw. Primarstufe, diemit Ausnahme von Berlin-Brandenburg, wo sie sich über sechs Jahre erstreckt vier Jahre umfasst. Anschließend folgt die Sekundarstufe I mit den je nach Bundesland unterschiedlichen Ausprägungen Gymnasium, Sekundarschule (Oberschule, Gemeinschaftsschule, Mittelschule, Stadtteilschule) oder Gesamtschule, Realschule und Hauptschule (nur noch in fünf Bundesländern), die entweder bis zur 9. oder 10. Klasse mit einem qualifizierten Abschluss (Mittlere Reife, Qualifizierter Sekundarabschluss, Mittlerer Schul- oder Bildungsabschluss etc.) führen. Die Sekundarschule kann entweder zweigliedrig in Anlehnung an die Haupt- und Realschule oder integriert sein.
In Deutschland gab es in 2010/11 ca. 3 Millionen Schüler im Primarbereich (1995: 3,8 Mio.), auf Hauptschulen 0,7Mio. (1998/99: 1,1 Mio.), auf Realschulen 1,16 Mio.(1,24 Mio.), in Gymnasien 2,5 Mio. (2,2 Mio.) und auf Schulen mit mehreren Bildungsgängen 0,95 Mio. (0,93 Mio., DIPF 2012: Tabelle B1-1A). Diese SchülerInnen gingen auf ca. 34.486 Schulen, davon 16.290 Grundschulen, 3.730 Haupt- und 2.440 Realschulen, 3.099 Gymnasien und 2.520 Schulen mit mehreren Bildungsgängen (DIPF 2012: Tabelle B1-2A). Seite 1998 ist die Zahl der Schulen somit um ca. 7.800 zurückgegangen (19%). Bemerkenswert ist der Anstieg der Anzahl der Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft, der von 2.206 in 1998/99 auf 3.373 in 2010/11 stieg (DIPF 2012: Tabelle B1-5).
Zentral für die Berufsausbildung in Deutschland ist das duale System, nachdem die Ausbildung an zwei Lernorten stattfindet: dem Betrieb und der Berufsschule. Für Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz erhalten, gibt es die außerbetriebliche Berufsbildung, die beide Funktionen wahrnimmt. Berufsausbildung ist formal an keinen bestimmten Schulabschluss gebunden und steht jedem Ausbildungswilligen offen.
Nach dem Berufsbildungsgesetz umfasst “Berufsbildung …. die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung. ….. “ Die Berufsausbildungsvorbereitung soll die Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit herstellen (BIBB 2006:13). “Die Berufsausbildung hat die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln.” (BMBF 2005:4). Die berufliche Fortbildung dient der Erhaltung, Anpassung oder Erweiterung der beruflichen Handlungsfähigkeit und dem beruflichen Aufstieg, die berufliche Umschulung dient der Befähigung zu anderer beruflicher Tätigkeit (BIBB 2006:13). Die Lernorte der Berufsbildung sind die Betriebe der Wirtschaft und vergleichbare Einrichtungen (öffentlicher Dienst, freie Berufe), die berufsbildenden Schulen sowie sonstige Berufsbildungseinrichtungen (außerbetriebliche Berufsbildung, ebd.:4).
In die Entwicklung von Ausbildungsberufen sind in dem föderalen System Deutschlands unter Beachtung der Sozialpartnerschaft viele Akteure eingebunden. Hierzu zählen die zuständigen Fachministerien (z.B. BMWi, zuständig für die Wirtschaft bzw. Unternehmen und BMBF, zuständig für die Bildung / federführendes Unternehmen), die Kultusministerien der Länder aufgrund ihrer Zuständigkeit für die Bildung in Berufsschulen (Kulturhoheit der Länder), die Gewerkschaften, die Vereinigungen der Arbeitgeber sowie das Bundesinstitut für Berufsausbildung (BIBB). Die Ausbildungsberufe werden in einem komplexen Diskursprozess entwickelt bzw. geändert, das vom BIBB koordiniert wird (vgl. Kap. 1.2). Wichtig ist hierbei, dass die Anpassung der Ausbildungsinhalte und auch die Ausbildungsberufe aufgrund der betrieblichen und technischen Entwicklungen kontinuierlich überarbeitet werden. Ausbildungsberufe werden zusammengelegt, neu geschaffen oder auch abgeschafft (BIBB 2011:19). Für die Umsetzung der Verordnungen und der Lehrpläne sind die Betriebe und die Berufsschulen verantwortlich. Aufgrund der aktuellen Technik sowie gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen ist die Zahl der Ausbildungsberufe nicht konstant. W, BIBB 2011:21))
Die wesentlichen Charakterisierungen und Anforderungen an Ausbildungsberufe und deren Ausbildungsinhalte werden in Ausbildungsordnungen, den Ausbildungsrahmenlehrplänen und den Prüfungsordnungen festgelegt. Die Ausbildungsordnung legt die Bezeichnung des Berufes, die Ausbildungsdauer, “die beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die mindestens Gegenstand der Berufsausbildung sind (Ausbildungsberufsbild)” fest. An diese Ausbildungsordnung wird noch der Ausbildungsrahmenplan angehängt, der eine “Anleitung zur sachlichen und zeitlichen Gliederung der Vermittlung der beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten“ enthält (ebd.:4). In dem Rahmenlehrplan sind die Inhalte der Berufsausbildung für den Berufsschulunterricht beschrieben und zeitlich gegliedert.
Schritte zur Änderung von Ausbildungsberufen
- Der Anstoß für den ersten Schritt, der Eckwertevorschlag, kann von den Sozialpartnern, dem BIBB oder den Fachministerien ausgehen. Der Vorschlag wird dem zuständigen Ministerium vorgelegt.
- In einem “Antragsgespräch” beim Fachministerium wird festgelegt, wie z.B. die Berufsbezeichnung, die Ausbildungsdauer, die Struktur und der Aufbau der Ausbildung und die zeitliche Gliederung sein soll (BIBB: 25).
- Im zweiten Schritt, der Erarbeitung und Abstimmungsphase, werden die Ausbildungsordnungen für die Betriebe und die Rahmenlehrpläne für die berufsbildenen Schulen abgestimmt. Das BIBB arbeitet hierbei mit Sachverständigen der Sozialpartner zusammen. Im Wesentlichen werden der Paragraphenteil (Berufsbezeichnung, Berufsbild und Prüfungsanforderungen) und der Ausbildungsrahmenplan (sachliche und zeitliche Gliederung der Ausbildung) der Ausbildungsverordnung erarbeitet (BIBB 2006: 26).
- Parallel dazu erarbeiten Sachverständige der Länder den Rahmenlehrplan des Berufsschulunterrichts, der mit dem Bunde abgestimmt wird.
- Anschließend verfasst der Hauptausschuss des BIBB eine Empfehlung an die Bundesregierung eine Ausbildungsordnung zu erlassen (BIBB 2006: 27).
- Zum Schluss werdenvom Bund-Länder-Koordinierungsausschuss KoA ,Rahmenlehrpläne und die Ausbildungsverordnung verabschiedet (BIBB 2006: 29).
- Die Länder müssen anschließend die Lehrpläne und die Stoffverteilungspläne für die Berufsschulen erstellen, deren Grundlage die Rahmenlehrpläne sind.
Berufliche Handlungskompetenz als zentrale Aufgabe
Zentral für die Bildungspolitik ist der Begriff der Kompentenz, der sich allerdings nur schwierig fassen oder definieren lässt (vgl. BIBB 2011:23). Im Berufsbildungsgesetz von 2005 heißt es, dass den Auszubildenden die beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden sollen, um berufliche Handlungsfähigkeit herzustellen. Diese Trias wird auch als Kompetenz bezeichnet. Hierbei wird Kompetenz häufig in fachlicher, methodischer, sozialer und personaler Kompetenz untergliedert (BIBB 2011:10). Kenntnisse lassen sich meist leicht formulieren, da hier Wissen gefragt ist. Die Unterscheidung von Fertigkeiten und Fähigkeiten ist vielschichtiger. Fertigkeiten sind erlernte oder erworbene Möglichkeiten wie z.B. eine Tortengarnitur herzustellen, einen Text mit einem Computer zu schreiben oder einen Verband anzulegen, also eine Tätigkeit umzusetzen. Fähigkeiten hingegen haben eine Nähe zum “Vermögen”, das ein angeborenes Potential als Vorraussetzung für die Fähigkeiten darstellt. (Wikipedia o.J.: Fertigkeiten). Wir haben die Fähigkeit zu sprechen oder die Fähigkeit die Hand zu bewegen um zu schreiben. Wenn das Berufsbildungsgesetz von Fähigkeiten spricht, kann es sich nicht um angeborenes Vermögen handeln, da dies nicht durch Schule vermittelt werden kann. Fähigkeiten sind deshalb persönliche Eigenschaften, die den Auszubildenden in die Lage versetzt zu reagieren, ohne für den konkreten Fall gelernt zu haben. Er soll lernen, sich selbst weiterzubilden. Dies bedeutet: “Das Ziel der Ausbildung besteht darin, jungen Menschen den Erwerb einer umfassenden beruflichen Handlungsfähigkeit zu ermöglichen, die sie befähigt, selbstständig, eigenverantwortlich und in Kooperation mit anderen Aufträge effizient, effektiv und innovativ zu bewältigen.” (BIBB 2011:22). Hierbei werden die Fachkompetenz, die personale Kompetenz, die Methodenkompetenz und die Sozialkompetenz in die “berufliche Handlungsfähigkeit “ zusammengeführt.
Die Weiterbildung in Deutschland ist im Allgemeinen durch eine pluralistische und heterogene Struktur gekennzeichnet. Dies ist auf die sehr weitläufige Definition von Weiterbildung und auf das föderalistische Grundprinzip in der deutschen Bildungspolitik zurückzuführen (siehe Nuissl 2010). Der Deutsche Bildungsrat (vgl. 1970: 197) definiert Weiterbildung bzw. Erwachsenenbildung als „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase“. Im Rahmen dieser Definition umfasst Weiterbildung viele unterschiedliche Bereiche. Hierzu zählen „die berufliche und betriebliche Weiterbildung, Fortbildung und Umschulung, politische Bildung, gewerkschaftliche Bildung, Allgemeinbildung und kulturelle Bildung“ (aus Nuissl 2010: 1).
Um im späteren Verlauf Zuständigkeiten, Akteure und Strukturen besser voneinander abzugrenzen wird im folgenden die Unterteilung der Weiterbildung nach dem Verständnis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) verwendet (siehe Abbildung 1). Demnach wird die Erwachsenenbildung zum einen in die allgemeine und politische Weiterbildung unterteilt. Hierbei sind alle Weiterbildungsangebote, die nicht direkt berufsbezogen sind gemeint. Dem gegenüber steht die berufliche Weiterbildung. Hierunter fallen alle Kurse und Bildungsmaßnahmen die zur Vertiefung oder Ergänzung beruflicher Kenntnisse beitragen. Als dritte Kategorie wird die Weiterbildung an Hochschulen definiert. Hierunter werden Medien zusammengefasst die neuste Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung beinhalten. Dies richtet sich nicht nur an Hochschulabsolventinnen und -absolventen sondern auch an Personen die sich ohne Studium z.B. zu beruflichen Weiterentwicklung mit wissenschaftlichen Ergebnissen und Verfahren vertraut machen wollen.
Weiterbildung unterliegt in Deutschland überwiegend keiner festen ordnungspolitischen Regulierung. Die staatlichen Tätigkeiten beschränken sich dabei auf die Festlegung von Grundsätzen, Regelungen zur Ordnung sowie einer gesetzlich verpflichtenden Finanzförderung, die eine verbindliche Finanzierungs- und Förderverpflichtung für die Erwachsenenbildung gewährleistet (siehe KMK 2011, Dietrich 2007). Der leitende Grundsatz ist die Idee des „lebenslangen Lernens“. Im Mittelpunkt steht dabei die Förderung der Bereitschaft jedes Einzelnen, sich auch nach dem Erwerb einer Qualifikation weiter zu bilden, sei es im Rahmen einer beruflichen oder allgemeinen Weiterbildung. Leitgedanken sind die Stärkung der Eigenverantwortung sowie die Selbststeuerung der Lernenden, der Abbau der Chancenungleichheiten, die Kooperation der Bildungsanbieter und Nutzer sowie die Stärkung der Bezüge zwischen allen Bildungsbereichen (vgl. KMK 2011: 167).
Die Weiterbildung in Deutschland beruht auf dem Grundsatz der freiwilligen Teilnahme und des Subsidiaritätsprinzips und wird aus diesem Grunde in einem geringeren Umfang durch den Staat geregelt als andere Bildungsbereiche (siehe KMK 2011, Nuissl 2008). Neben den staatlichen Förderprogrammen auf Bundesebene und den öffentlichen Trägern (Ländern und Kommunen) gibt es eine große Bandbreite an gesellschaftlichen und privaten Akteuren die sich im Bereich der Weiterbildung engagieren. Im Berichtssystem Weiterbildung (BSW 2006) des BMBF werden folgende Akteursgruppen unterschieden: Arbeitgeber/Betriebe, Volkshochschulen, private Institute, Kammern, Verbände (nicht Berufsverbände), Berufsverbände, kirchliche Stellen, Akademien, nicht-kirchliche Wohlfahrtsverbände, (Fach-) Hochschulen, Gewerkschaften, Berufsgenossenschaften, Arbeitgeberverbände, Parteien, Fernlehrninstitute, Fachschulen und Sonstige (siehe BMBF 2006).
Formalisierung im Kontext der beruflichen Weiterbildung – Projektverständnis
Weiterbildung kann durch den Grad ihrer Formalisierung definiert werden. Hierbei wird zwischen formalen Lernen als abschlussbezogene Bildung/Weiterbildung, non formalen Lernen als nicht abschlussbezogene Bildung/Weiterbildung und informellen Lernen als nicht institutionalisiertes Lernen unterschieden (vgl. Giese et. al 2011: 199-217, BIBB 2000: 17ff). Die Abgrenzung und Unterscheidungen bei dem Grad der Formalisierung „sind tendenziell als Kontinuum zu verstehen“ (aus Gutschow 2010: 9). Dabei sind die entscheidenden Kriterien das Ausmaß der Organisation und Struktur, die Intentionalität des Lernens und die Zertifizierung (vgl. Gutschow 2009). Im internationalen Vergleich herrscht kein klarer Konsens über ein einheitliches Kriterienraster bzw. -system, so dass es länderspezifisch zu unterschiedlichen Einordnungen kommt. Die OECD ergänzt bei ihren Definitionen zum formalen und non formalen Lernen, dass in vielen Ländern ein Großteil der allgemeinen und beruflichen Erwachsenbildung dem nicht formalen Sektor zugerechnet wird, während in anderen Ländern die gesamte Weiterbildung in den formalen Bereich fällt. „In some countries, the entire sector of adult learning falls under non-formal learning; in others, most adult learning is formal“ (aus OECD 2010: 1). Dies verdeutlicht die Schwierigkeiten bei der formalen Abgrenzung und die divergierenden Sichtweisen im internationalen Vergleich.
Ein Ziel des BilRess-Projektes ist es, die bestehenden Strukturen der beruflichen Weiterbildung innerhalb Deutschlands unter Anderem nach dem Grad ihrer Formalisierung zu untersuchen. Dies ermöglicht es, den Stellenwert von Weiterbildungsqualifikationen (formale Anerkennung, Organisationsstrukturen etc.) gesellschaftlich und politisch einzuordnen. Die teils kontrovers geführten Debatten, um eine Definition von formalen, non-formalen und informellen Lernen haben in den letzten Jahren in Deutschland allerdings keine einheitliche Norm erzielen können. In der Wissenschaft wird berufliche Weiterbildung häufig lediglich in formale und informelle Weiterbildung unterteilt. Unter die Kategorie formale Weiterbildung fallen dabei alle Weiterbildungen in Form von Kursen, Seminaren, Vorträgen, Infoveranstaltungen, Tagungen, Fortbildung (Anpassungs- und Aufstiegsfortbildung) sowie Umschulung (vgl. Schiersmann 2007: 26-40). Informelles Lernen unterscheidet sich bei der beruflichen Weiterbildung im Gegensatz zu allgemeineren Definitionen nicht nach der Intentionalität des Lernens, sondern nach Lernfeldern. Diese werden
- a) in Arbeitsbegleitendes Lernen
- b) in Lernen im privaten und gesellschaftlichen Umfeld und
- c) in Lernen mit (neuen) Medien
unterschieden (vgl. Schiersmann 2007: 26-40)
Die Problematik dieser Definition liegt darin, dass das sogenannte „klassische“ formale Lernen, welches zu einem anerkannten Abschluss führt, nicht eindeutig vom allgemeineren institutionalisierten Lernen unterschieden werden kann.
Daher orientiert sich das Projekt „BilRess“ in diesem Punkt an der Definition des „Memoradum für Lebenslanges Lernen“ aus dem Jahre 2000. Formales Lernen findet demnach in Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen statt und führt zu anerkannten Abschlüssen und Qualifikationen. Non-formales Lernen führt nicht zum Erwerb eines formalen Abschlusses und findet nicht in den Hauptsystemen der allgemeinen und beruflichen Bildung statt (vgl. BIBB 2000: 17-19).
Das Prädikat „anerkannt“ ist dabei problematisch, da es auch hier keine einheitliche Verständnisweise gibt. Ob ein Anschluss „anerkannt“ ist, liegt mitunter im Auge des Betrachters – so kann eine Fachcommunity bestimmte Abschlüsse anerkennen, ohne, dass diese gesetzlich geregelt sind.
Für die Zielsetzung des BilRess-Projekts muss eine nachvollziehbare und pragmatische Handhabung der Zuteilung von Fundstellen als formale oder non-formale Fundstelle gewährleistet werden; aus diesem Grund werden folgende Verständnisweisen zugrunde gelegt (siehe auch Abbildung 2).
Definition der Formalisierung im Rahmen des Projektes „BilRess“
Formal: institutionalisiert in Form von Kursen, Seminaren, Fortbildung (vorrangig Aufstiegsfortbildung) sowie Umschulung mit öffentlich-rechtlich geregeltem Abschluss als auch mit landesrechtlich geregelten/staatlich anerkannten Abschlüssen.
Non-formal: institutionalisiert in Form von Kursen, Seminaren, Tagungen, Vorträgen, Infoveranstaltungen u.Ä., Fortbildungen ohne öffentlich-rechtlich geregelten Abschluss.
Bereiche beruflicher Weiterbildung
Berufliche Weiterbildung ist in Deutschland mit großem Abstand der Hauptgrund für die Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen. In einer Erhebung des „Adult Education Survey“ (siehe AES 2007) entfallen 84% aller Teilnehmerfälle auf eine betriebliche oder berufsbezogene Weiterbildung (vgl. Nuissl 2010: 49). Berufliche Weiterbildung lässt sich in drei Bereiche unterteilen (siehe auch Abbildung 1):
- a) Fortbildung ─ darunter fällt die Anpassungs- und Aufstiegsfortbildung
- b) Umschulung ─ dies meint Ausbildungs- oder Erwerbsberufe und
- c) Einarbeitung ─ dies beschreibt geschütztes oder selbstständiges Lernen am Arbeitsplatz (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung 1996: 9).
Wie eingangs erwähnt ist die ordnungspolitische Regulierung der beruflichen Weiterbildung vergleichsweise beschränkt und umfasst nur einige grundsätzliche Gesetzgebungen sowie Förderinstrumente.
Im Gegensatz zu den Bereichen berufliche Erstausbildung, Hochschule und Schule sind die Zuständigkeiten einzelner Akteure wie Pflichten, Berechtigungen und Förderungen nur auf einen Teil der beruflichen Weiterbildung explizit festgelegt. Gerade die Bereiche Anpassungsfortbildung und Einarbeitung unterliegen oftmals freiwilligen bzw. privatwirtschaftlichen Motiven und sind somit nicht inhaltlich oder organisatorisch durch eine Gesetzgebung oder Struktur vorgeben. In den Bereichen Aufstiegsfortbildung und Umschulung in Ausbildungs- und Erwerbsberufe gibt es wiederum staatliche Vorgaben und Rahmenbedingungen die vorwiegend auf Bundesebene festgelegt sind. Dabei ist eine Zuordnung der Zuständigkeiten, Aufgaben und Formalisierung von Akteuren transparenter. Dies sollen im Folgenden kurz dargestellt werden.
Grundsätzlich können die Bereiche Anpassungsfortbildung sowie Einarbeitung grob der non-formalen beruflichen Weiterbildungsangebotslandschaft zugerechnet werden (siehe auch Kap. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.), während sich berufliche Weiterbildungsangebote für die Bereiche Aufstiegsfortbildung und Umschulung vorwiegend formalen Charakters sind.
Anpassungsfortbildung
Zielt eine Fortbildung auf die Angleichung bzw. Erweiterung von Qualifikationen, die bspw. durch eine veränderte Arbeitssituation notwendig werden, kann dies als Anpassungsfortbildung bezeichnet werden. Bei einer solchen Fortbildung wird anders als bei der Aufstiegsfortbildung keine formal geregelte höhere Qualifizierung erworben. Nach dem Verständnis des Formalisierungsgrades im BilRess-Projekt (siehe Kap. 1.2) sind die Weiterbildungsangebote der Anpassungsfortbildung im Gegensatz zur Aufstiegsfortbildung non-formaler Natur.
Einarbeitung
Einarbeitung als geschütztes bzw. selbstständiges Lernen am Arbeitsplatz (vgl. BIBB 1996: 9) kann als „Lernen durch Tun“ beschrieben werden. Abzugrenzen ist diese Form von der rechtlich geregelten Pflicht des Arbeitsgebers, Unterweisungen vorzunehmen. Nach dem Verständnis des Formalisierungsgrades im BilRess-Projekt (siehe Kap. 1.2) sind die Weiterbildungsangebote der Einarbeitung non-formaler Natur.
Aufstiegsfortbildung
Die Struktur der Aufstiegsfortbildung in Deutschland ist vielfältig. In Deutschland gehören u.a. der Meister und der Fachwirt zu den sogenannten Aufstiegsfortbildungen. In der Regel bauen diese Aufstiegsfortbildungen auf eine abgeschlossene Berufsausbildung auf und führen im Sinne der Handwerksordnung oder dem Berufsbildungsgesetz zu einem gesetzlich anerkannten, formalen Abschluss. Teilweise sind die Aufstiegsfortbildungen rechtlich entsprechend zu dem Bachelor und Master Niveau auf der Hochschule Ebene. Berufsständische Körperschaften führen die Prüfungen durch. Nicht für alle Prüfungen ist es Zulassungsvoraussetzung zuvor an einem Lehrgang von Bildungsträgern und Meisterschulen teilzunehmen (vgl. IHK, 2014).
Die Handwerksordnung (HwO) sowie das Berufsbildungsgesetz (BBiG) bilden die gesetzliche Grundlage für die Regelungen von Aufstiegsfortbildungen auf Meisterebene und darauf aufbauenden Abschlüssen wie Geprüfter Berufspädagoge oder Geprüfter Betriebswirt. Im §53 und §54 des BBiG werden zwei Optionen für Fortbildungsregelungen dargelegt:
Laut §53 können durch das Bundesbildungsministerium im Einvernehmen mit dem jeweils zuständigen Fachministerium Verordnungen („Fortbildungsordnungen“) erlassen werden. Bestehen jedoch laut §53 keine Fortbildungsordnungen, können die zuständigen Stellen nach §54 für die entsprechenden Fortbildungsabschlüsse eigene Fortbildungsprüfungsregelungen erlassen. Fortbildungsordnungen des Bundes beschreiben im Wesentlichen Prüfungen und enthalten im Unterschied zu Ausbildungsordnungen im dualen System (Ausbildungsrahmenplan) kein Curriculum. Auf Grundlage der Fortbildungsordnungen erarbeiten Experten und Expertinnen der Sozialpartner den Rahmenlehrplan, der eine Empfehlung für inhaltliche Gestaltung (Curriculum) der Fortbildung ist. Laut des Bundesministeriums für Forschung und Bildung gab es im Jahr 2012 insgesamt 233 Fortbildungsordnungen in der Zuständigkeit des Bundes und 735 Rechtsvorschriften der zuständigen Stellen zur beruflichen Fortbildung bzw. 2.850 Regelungen. Seit 2004 ist die Zahl der Regelungen des Bundes für die berufliche Fortbildung und Umschulung kontinuierlich von 192 auf 233 gestiegen (vgl. BMBF, 2011).
Grundsätzlich können ordnungspolitisch Aufstiegsfortbildungen und -abschlüssen auf drei Ebenen (siehe Abbildung 3) unterschieden werden.
Die mittlere Ebene ist dabei auf Grund der Vielzahl der Profile und Anzahl der Absolventen und Absolventinnen die bedeutsamste.
Die erste Ebene wird vor allem durch Fachberater/innen verschiedener Sparten, Servicetechniker/innen und Fremdsprachenkorrespondent/inn/en charakterisiert. Sie sind „Spezialist/inn/en ihres Fachs“, nachdem sie weiterführende Qualifikationen in standardisierter Form absolviert haben.
Auf der mittleren Ebene finden sich vor allem Fachwirte/innen, Fachkaufleute, Geprüfte Aus- und Weiterbildungspädagoginnen, Industriemeister/innen, Fachmeister/innen und Operative IT-Professionals. Im Bereich der Industrie- und Handelskammern gibt es neben den klassischen Industriemeistern wie „Industriemeister/in Elektrotechnik“ und „Industriemeister/in Metall“ auch die Fachmeister, die nicht mit der industriellen Fertigung beschäftigt sind. Sie legen in anderen Gewerken ebenfalls eine Meisterprüfung vor einer IHK ab. Des Weiteren sind mit den Industrie- und Fachmeistern die Handwerksmeister, Landwirtschaftsmeister und Hauswirtschaftsmeister gleichzusetzen, die in Abbildung 3 nicht explizit genannt werden.
Die dritte und höchste Stufe umfasst Geprüfte Betriebswirte/Betriebswirtinnen, Geprüfte Technische Betriebswirte/Betriebswirtinnen, Strategische IT-Professionals und Geprüfte Berufspädagogen/Berufspädagoginnen.
Laut des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sollten diese drei Ebenen jedoch nicht streng hierarchisch verstanden werden. So entspreche es nicht unbedingt der betrieblichen Realität, dass ein Abschluss als Fachkauffrau stets „mehr wert“ sei als ein Abschluss als Fachberaterin. Teilweise existiert zwar ein enger innerer Zusammenhang eines Aufstiegs in mehreren Schritten, vor allem zwischen der zweiten und der dritten Stufe, jedoch können höherwertige Positionen im Unternehmen oft auch erreicht werden, indem das fachliche Fundament verbreitert und vertieft wird (vgl. BMBF, 2011).
Umschulung
Eine Umschulung ist eine staatliche Maßnahme und unterliegt formalen Kriterien und Prüfungsregelungen. Im Gegensatz zur Fortbildung, bei der die Erhaltung, Anpassung und Erweiterung der beruflichen Handlungsfähigkeit im „bisherigen Tätigkeitsfeld“ im Vordergrund stehen, bezieht sich die berufliche Umschulung auf eine Befähigung zu einer „anderen beruflichen Tätigkeit“ und bedingt daher einen Berufswechsel bzw. die Neuaufnahme einer Tätigkeit. Sie ist gesetzlich über den Paragraph § 1 Abs. 5 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) definiert (vgl. BIBB 2013a: 11). Gründe für eine Umschulung können Auszeiten durch Krankheiten oder Kinderziehung sein, die einen Wiedereinstieg in den Beruf verhindern. Darüber hinaus können strukturelle Arbeitsmarkveränderungen zu einer sinkenden Nachfrage in einem Qualifikationsfeld führen oder die technische Neuausrichtung eines Berufsfeldes erfordert von Grund auf neue Kenntnisse. Weiterhin können persönliche Gründe wie Unzufriedenheit, der Wille zur Neuorientierung, oder der Wohnortswechsel einen Berufswechsel bedingen.
Die Umschulungen erfolgen in der Regel in einem anerkannten Ausbildungsberuf oder einem anerkannten staatlichen Lehrgang und „müssen“ zu einem beruflichen Abschluss qualifizieren. Es gibt jedoch Ausnahmeregelungen für Menschen mit Behinderungen. Es werden drei Kategorien der Umschulung unterschieden: betriebliche Umschulung, schulische Umschulung und überbetriebliche Umschulung. Durchgeführt werden Umschulungen dabei von Betrieben und Berufsschulen, an Berufsfachschulen oder Berufsförderungswerken. Eine Übersicht über bestehende Umschulungsmöglichkeiten liefert das „Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe“, das jährlich vom Bundesinstitut für Berufsbildung herausgegeben wird (vgl. Borowiec et al. 2013: 34). Generell besitzen Umschulungen nicht den zeitlichen Umfang einer Ausbildung. Die jeweiligen Prüfungsverordnungen und die zeitliche Dauer einer Umschulung werden bei bundesweiten Ausbildungsberufen bzw. staatlichen Lehrgängen durch den §58 des Berufsbildungsgesetzes und §42e der Handwerksordnung geregelt. Auf Landesebene gibt es für die zuständigen Stellen eine eigene Gesetzgebung die durch §59 des Berufsbildungsgesetzes und §42f der Handwerksverordnung geregelt werden (vgl. Borowiec et al. 2013: 25). Die Finanzierung wird in den meisten Fällen durch die öffentliche Hand (Bundesagentur für Arbeit/Jobcenter) getragen, in einzelnen Fällen kann eine Umschulung aber auch als Reha-Leistung durch Berufsgenossenschaften oder Versicherungen übernommen werden.
Die Hochschulbildung in Deutschland umfasst „alle Arten von Studien- und Ausbildungsgängen sowie die Vorbereitung auf eine wissenschaftliche Tätigkeit im postsekundären Bereich, die von Hochschulen und anderen, von den zuständigen innerstaatlichen Behörden als Hochschuleinrichtungen anerkannten Bildungseinrichtungen vermittelt werden“ (vgl. UNESCO 1998).
Hochschule ist ein Oberbegriff für verschiedene wissenschaftliche, wissenschaftlich-anwendungsorientierte, künstlerisch-wissenschaftliche oder künstlerische Einrichtungen des tertiären Bildungsbereichs zur beruflichen Ausbildung, Pflege der Wissenschaften und Künste durch Forschung und Lehre.
Die Zielsetzung eines Hochschulstudiums wird im Hochschulrahmengesetz (HRG – R121) wie folgt beschrieben:
„Lehre und Studium sollen die Studierenden auf ein berufliches Tätigkeitsfeld vorbereiten und ihnen die dafür erforderlichen fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden dem jeweiligen Studiengang entsprechend so vermitteln, dass sie zu wissenschaftlicher oder künstlerischer Arbeit und zu verantwortlichem Handeln in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat befähigt werden (HRG – §7).“ Diese Ziele des Studiums haben alle Hochschularten gemeinsam. „Dem traditionellen Grundsatz der Einheit von Lehre und Forschung folgend, geht der Auftrag des Gesetzgebers demnach dahin, die berufliche Qualifizierung der Studieren- den in unmittelbarer Verbindung mit der wissenschaftlichen Forschung und künstlerischen Entwicklung durchzuführen. Während die Einheit von Forschung und Lehre für alle Hochschulen gilt, ist jedoch traditionsgemäß im Sinne einer Differenzierung der Aufgaben zwischen den Hochschultypen die Verflechtung der universitären Hochschulbildung mit Grundlagenforschung und theoretischer Erkenntnis besonders eng.“ (ebd.)
Im engeren Sinn bezeichnet eine Hochschule eine Einrichtung, die Forschung betreibt und damit neues Wissen schafft, wissenschaftliche Lehre (Studium und wissenschaftliche Weiterbildung) vermittelt und akademische Grade als Studienabschlüsse verleiht. Im Rahmen des Bologna-Prozesses werden an den Hochschulen gestufte Studiengänge mit den Abschlüssen Bachelor und Master angeboten, die überwiegend die bisherigen Abschlüsse Diplom und Magister ersetzen.
Die rechtliche Stellung der Hochschulen wird in den meisten Staaten durch ein spezielles Hochschulgesetz geregelt. In der Bundesrepublik Deutschland ist das Hochschulsystem Ländersache und wird durch deren Hochschulgesetze geregelt. Das Hochschulrahmengesetz des Bundes, das bisher Rahmenvorgaben für die Länder gegeben hat, läuft im Rahmen der Föderalismusreform aus.
Hochschulen haben sich im Laufe der Zeit (in entsprechender Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Bundesland) zusammengeschlossen, sich spezialisiert oder umbenannt. Ein Beispiel hierfür sind Technische Hochschulen, die fast alle in „Technische Universität” umbenannt wurden, wie erstmals 1946 die Technische Universität Berlin. Ausnahmen sind beispielsweise die RWTH Aachen oder die ETH Zürich.
Viele „Fachhochschulen“ bezeichnen sich seit einigen Jahren einfach als „Hochschule“ mit dem Fachgebiet, beispielsweise „Hochschule für Wirtschaft“, „Hochschule für Technik“ usw. oder allgemein als „Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW)“. Zudem führen sie die englische Bezeichnung University oder University of Applied Sciences (wörtlich übersetzt Universität für angewandte Wissenschaften). Dies begründet sich darin, dass der Begriff University in angloamerikanisch geprägten Bildungssystemen diejenigen Institutionen bezeichnet, die postgraduale Studiengänge anbieten, was in Deutschland, Österreich und der Schweiz allgemein den Hochschulen entspricht und nicht nur der Hochschulform „Universität“.
An bundesdeutschen Hochschulen betreut derzeit im Fächerdurchschnitt statistisch ein einzelner Professor etwa 52 Studenten. Genauer sind dies an Universitäten etwa 60, an Fachhochschulen etwa 38 Studenten. Die Anzahl der Studierenden ist von 1972 bis 2005 um das Dreifache angestiegen (auf 1.953.504), die Anzahl der Professoren jedoch nur um das 1,8-Fache (auf 37.364). Nach diesen Zahlen sieht der Wissenschaftsrat einen Verbesserungsbedarf bei der Lehre an den Hochschulen, insbesondere an den Universitäten. Im Vergleich dazu stehen die US-amerikanischen Eliteinstitutionen wie Harvard oder Stanford mit einem Betreuungsverhältnis von 1:10 oder besser wesentlich günstiger dar.
Die öffentlichen und privaten Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland gaben 2010 etwa 41,2 Milliarden Euro aus. Die Summe beinhaltet Kosten für Forschung, Lehre und medizinische Behandlung. Damit stiegen die Ausgaben gegenüber 2009 um 6,1% (Statistisches Bundesamt 2012).
Verschiedene Hochschuleinrichtungen
Der so genannte „tertiäre Bereich“ des deutschen Bildungswesens umfasst im Wesentlichen die verschiedenen Hochschularten und in eingeschränktem Umfang Einrichtungen außerhalb des Hochschulbereichs. So gibt es neben den Hochschulen in einigen Ländern Berufsakademien, die als Alternative zum Hochschulstudium berufsqualifizierende Bildungsgänge für Absolventen des Sekundarbereichs II mit Hochschulzugangsberechtigung anbieten. Nach der Internationalen Standardklassifikation für das Bildungswesen ISCED (International Standard Classification of Education) sind die Fachschulen, die Fachakademien in Bayern sowie zwei- und dreijährige Schulen des Gesundheitswesens ebenfalls dem tertiären Bereich zuzurechnen (vgl. Kultusministerkonferenz (KMK) 2011)
Eine weitere Unterscheidung kann zwischen staatlichen und privaten Hochschulen getroffen werden. Staatliche Hochschulen werden vom Staat finanziert und berechnen keine oder nur wenig Studiengebühren. Private Hochschulen dagegen finanzieren sich aus Studiengebühren, wodurch diese radikal in die Höhe steigen. In Deutschland gibt es deutlich mehr staatliche als privat finanzierte Hochschulen (vgl. KMK 2011).
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es aktuell insgesamt 409 staatliche und staatlich anerkannte Hochschulen, die folgende Hochschularten umfassen (Stand vom Wintersemester 2009/2010, vgl. KMK 2011):
- Universitäten und gleichgestellte Hochschulen (Technische Hochschulen/Technische Universitäten, Pädagogische Hochschulen, Theologische Hochschulen u. a.)
- Kunst-und Musikhochschulen
- Fachhochschulen (einschließlich Verwaltungsfachhochschulen)
Universitäten und gleichgestellte Hochschulen
Neben den traditionellen Universitäten haben auch die Technischen Hochschulen und Technischen Universitäten, deren Schwerpunkt in den Natur- und Ingenieurwissenschaften liegt, den Status von Universitäten. Ebenfalls den Universitäten gleichgestellt sind Hochschulen, die nur einzelne Studiengänge anbieten, u. a. Theologische Hoch- schulen und Pädagogische Hochschulen. Letztere bestehen nur in Baden-Württemberg fort, während sie in den übrigen Ländern in die Universitäten integriert oder zu Hoch- schulen mit einem breiteren Spektrum an Studiengängen ausgebaut wurden.
Gemeinsames Merkmal dieser Hochschuleinrichtungen ist in der Regel das traditionelle Recht, den Doktorgrad zu verleihen (Promotionsrecht). Auch die wissenschaftliche Forschung, vor allem in Grundlagenbereichen, und die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses zeichnen in besonderer Weise die Universitäten und gleichgestellten Hochschulen aus.
Kunst- und Musikhochschulen
Die Kunst- und Musikhochschulen bieten Studiengänge in den bildenden, gestalterischen und darstellenden Künsten sowie im Bereich Film, Fernsehen und Medien bzw. in den musikalischen Fächern an, zum Teil auch in den zugehörigen wissenschaftlichen Disziplinen (Kunstwissenschaft, Kunstgeschichte und Kunstpädagogik, Musikwissenschaft, Musikgeschichte und Musikpädagogik, Medien- und Kommunikationswissenschaften sowie in jüngerer Zeit auch im Bereich der Neuen Medien). An einigen Hochschulen wird das gesamte Spektrum künstlerischer Fächer gelehrt, an anderen sind nur einzelne Fachrichtungen vertreten.
Fachhochschulen
Die Fachhochschulen wurden 1970/71 als neuer Hochschultyp in das Hochschulsystem der Bundesrepublik Deutschland integriert. Sie erfüllen einen eigenständigen Bildungsauftrag, der geprägt ist vom Praxisbezug in der Lehre, in der Regel integriertem Praxissemester und Professorinnen und Professoren, die neben ihrer wissenschaftlichen Qualifikation Berufspraxis außerhalb der Hochschulen gesammelt haben.
Der Anteil nicht-staatlicher Einrichtungen an den insgesamt etwa 230 Fachhochschulen ist mit ca. 50 Prozent relativ hoch. Diese unterliegen weitgehend denselben rechtlichen Bestimmungen wie staatliche Fachhochschulen. Hinsichtlich der Größe, der Anzahl der Studierenden sowie der angebotenen Studiengänge bestehen z. T. erhebliche Unter- schiede, die zu besonderen fachlichen und regionalen Profilierungen einzelner Fachhochschulen beitragen.
Eine Sonderstellung nehmen die 29 Fachhochschulen für öffentliche Verwaltung (Verwaltungsfachhochschulen) ein, die Beamte für die Laufbahnen des gehobenen Dienstes ausbilden. Sie sind in der Trägerschaft des Bundes oder eines Landes, die Studierenden haben den Status eines Beamten auf Widerruf.
Einrichtungen außerhalb des Hochschulbereichs – Berufsakademien, Fachschulen
Die Berufsakademien sind Einrichtungen des tertiären Bereichs, die eine wissenschaftsbezogene und zugleich praxisorientierte berufliche Bildung durch die Ausbildung an einer Studienakademie und in einem Betrieb im Sinne des dualen Systems vermitteln. Die Betriebe übernehmen die Kosten der betrieblichen Ausbildung und zahlen dem Studierenden eine Ausbildungsvergütung, die auch für die Zeit der theoretischen Ausbildungsphasen an der Studienakademie gezahlt wird. Berufsakademien wurden erstmals 1974 in Baden-Württemberg als Modellversuch eingerichtet und bestehen heute in einigen Ländern als staatliche oder als staatlich anerkannte Einrichtungen.
Als Alternative zu den dualen Ausbildungsgängen der Berufsakademien haben viele Fachhochschulen so genannte duale Studienangebote entwickelt.
Fachschulen sind Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung und Aufstiegsfortbildung im tertiären Bereich, die grundsätzlich den Abschluss einer einschlägigen Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf und eine entsprechende Berufstätigkeit voraussetzen. Für folgende Fachbereiche gibt es Fachschulen:
- Agrarwirtschaft
- Gestaltung
- Technik
- Wirtschaft
- Sozialwesen
Fachschulen führen in Vollzeit- oder Teilzeitform zu einem beruflichen Weiterbildungsabschluss nach Landesrecht. Darüber hinaus können Fachschulen Ergänzungs- und Aufbaubildungsgänge sowie Maßnahmen der Anpassungsweiterbildung anbieten. Die Absolventen der Fachschulen nehmen eine Mittlerfunktion zwischen dem Funktionsbereich der Hochschulabsolventen und dem Funktionsbereich der qualifizierten Fachkräfte in einem anerkannten Ausbildungsberuf ein.
An Schulen des Gesundheitswesens erfolgt die Ausbildung für Berufe im Gesundheitswesen wie z. B. Krankenpfleger/Krankenpflegerin oder Physiotherapeut/ Physiotherapeutin. Viele dieser Schulen sind organisatorisch und räumlich mit Krankenhäusern verbunden, an denen sowohl die theoretische als auch die praktische Ausbildung stattfindet (vgl. KMK 2011).